Beim «Guten Stall 2022» wird das digitale Bewertungssystem «BestTUPferd» genutzt.
Mit Bleistift und Papier sind die Kontrolleurinnen und Kontrolleure noch im letzten Jahr losgezogen, um die Betriebe zu beurteilen, die an der Aktion «Der Gute Stall» teilnahmen. Und auf die ausgedruckten Excel-Listen wurde Punkt für Punkt fein säuberlich notiert, was zum Erreichen des Gütesiegels ausschlaggebend war. Denn vielen Pferdebesitzerinnen und -besitzern genügen die gesetzlichen Vorgaben
in der Pferdehaltung längst nicht mehr. Sie bevorzugen für die Unterbringung
ihrer Lieblinge Fünf-Sterne-Ställe.
Fünf Sterne verdient nun auch das Bewertungssystem, das in diesem Jahr bei «Der Gute Stall» Anwendung findet. Die Aktion unter dem Patronat von Pro Pferd, die zusammen mit dem Schweizer Tierschutz STS, der «BauernZeitung» und der PFERD durchgeführt wird, setzt neu auf ein digitales Beratungsinstrument.
300 Indikatoren kombiniert
Das Tool heisst «BestTUPferd» und ist ein an der Technischen Universität München-
Weihenstephan entwickeltes Stallbewertungssystem. Dieses kombiniert 300 tier- und ressourcenbezogene Indikatoren und deckt in der Auswertung anhand der für einen Betrieb eingegebenen Daten Verbesserungspotenzial auf. «Wir haben das Tool mit dem Ziel entwickelt, Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern bei der Verbesserung ihrer Pferdehaltung zu helfen», sagt denn auch die Ethologin Margit Zeitler-Feicht, die zusammen mit der Tierärztin Miriam Baumgartner «BestTUPferd» entwickelt und zu Jahresbeginn auf den Markt gebracht hat. Mithilfe von «BestTUPferd» könne vor Ort eine Schwachstellenanalyse durchgeführt werden, basierend auf den Leitmotiven «pferdegerechte Haltungsformen », «guter Gesundheitszustand», «Verhalten im Kontext von positiven Empfindungen» sowie «ökologisch nachhaltige Pferdehaltung».
Das stösst auch in der Schweiz auf Interesse. Roger Meyer beispielsweise, Inhaber der auf den Bau von Pferdeställen spezialisierten Firma B+M Haus- und Agrotech in Densbüren, sagt: «Das Tool ist ein willkommenes Hilfsmittel, um den Zustand eines
Pferdestalls bezüglich Sicherheit und Verletzungsgefahren zu analysieren und allfällige Schwachstellen mit baulichen Massnahmen zu beheben.» Pferdewissen und Empathie
gefragt Gefragt sind von den Stallbaufirmen bauliche Massnahmen, die auf den grundlegenden Anforderungen der Natur des Pferdes basieren und das angeborene Verhalten miteinbeziehen. Für Zeitler-Feicht zählen dazu der Sozialkontakt und die Erkundung, die Ernährung, das Bewegungsangebot und natürlich auch die Gestaltung des Ruhe- und Liegebereichs sowie die Gesamtgestaltung der von den Pferden genutzten Fläche. Doch mit einer naturnäheren Haltung – so weiss man aus Erfahrung leider nur zu gut – steigt bei den Pferden auch die Verletzungsgefahr. Ebenso wichtig sind für Miriam Baumgartner deshalb die verwendeten Bauteile und Einrichtungsgegenstände: «Sie sind so zu gestalten, dass sich Pferde nicht festklemmen oder an scharfen und hervorstehenden Teilen verletzen können.» Wichtigster Faktor in
jeder Pferdehaltung bleibt indes die Betriebsleitung.
Pferdewissen und Empathie sind die grundlegenden Faktoren eines Betriebes, wenn es den Pferden wohl sein soll. «BestTUPferd» ist damit auch als Spiegel einer Haltung zu sehen. Mit der Erfassung der Haltungs- und Managementbedingungen
erfolgt gleich auch der erste Schritt zu potenziellen Verbesserungsmassnahmen. Das eigentliche Herzstück der Software, sind sich die beiden Haltungsexpertinnen einig, bilden die aus der Bewertung heraus gewonnenen Handlungsempfehlungen. Diese werden in einem umfangreichen Protokoll aufgeführt und vermitteln gut umsetzbare Hinweise zur Optimierung.
Vorstellung an der PFERD
So lohnt sich die Teilnahme an der Aktion «Der Gute Stall» 2022 für Pferdebetriebe doppelt: Es gibt nicht nur die Label-Plakette «Der Gute Stall» oder «Der Gute Stall STS» für Betriebe, die zusätzlich die Anforderungen der Kampagne PFERDE RAUS des Schweizer Tierschutzes STS erfüllen, sondern über dieses Gütesiegel hinaus auch eine Stallanalyse durch «BestTUPferd». Erste Einblicke in das Tool sind bereits an der PFERD in Bern möglich. Miriam Baumgartner wird am Samstagvormittag, 30. April anlässlich eines Stallseminars mit Fachreferaten zur Pferdehaltung das digitale Bewertungstool «BestTUPferd» ausführlich vorstellen. Zudem wird neben der Facharena Pferd von der Stallbaufirma B+M und von BioWaldboden ein Musterstall aufgebaut – ein guter Stall zum Ideensammeln.
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