Anlässlich der Mitgliederversammlung des Vereins Pro Pferd hat Prof. Dr. Anton Fürst, Direktor der Klinik für Pferdechirurgie der Vetsuisse Fakultät an der Universität Zürich, einen interessanten Einblick in die Diagnostik beim Pferd gewährt. Modernste Technik kann eigenes Wissen, Erfahrung und Gespür aber nicht ersetzen, lautet sein Fazit.
Der Container ist schlicht und wirkt wie ein Bauprovisorium. Doch Anton Fürst ist sichtlich stolz auf ihn. Denn wie so oft ist der innere Wert entscheidend, auf den der äussere Schein bloss mit englischen Lettern hinweist: „Standing Equine MRI“. Es geht um die Magnetresonanztomographie beim stehenden Pferd, die eine dreidimensionale Darstellung von Weichteilstrukturen erlaubt. Genau diese Technik verbirgt sich in der grossen Box, die wie ein Hochsicherheitstrakt abgeschlossen ist. „Weltweit gibt es bloss einen Anbieter für solche Geräte“, sagt Anton Fürst und verrät, dass dieser bei der Wahl der Kundschaft ebenso wählerisch wie bei der Qualität der produzierten Apparate ist. Pro Land, wenn nicht pro Kontinent, werden bloss wenige Gerät abgegeben, vorzugsweise in Miete, um von einem stetigen Return on Investment zu profitieren. Das Departement Pferde der Universität Zürich freilich konnte sein „Standing Equine MRI“ für rund 700'000 Franken erwerben. Eine Seltenheit, die für das Ansehen der Institution spricht.
MRI oder Magnetresonanztomografie ist ein bildgebendes Verfahren in der Diagnostik (Feststellung/Bestimmung einer Krankheit). Ein MRI-Gerät erzeugt dabei magnetische Felder und Radiowellen. Diese magnetischen Hochfrequenzwellen werden von den verschiedenen Gewebearten im Körper unterschiedlich reflektiert, von Computern ausgewertet und zu Bildern verarbeitet. Dadurch lassen sich besonders in Weichteilen Strukturen und Veränderungen detailliert darstellen. „Beim stehenden und sedierten Pferd beträgt die magnetische Flussdichte 0,2 Tesla“, sagt Anton Fürst und vergleicht dies mit einem Ferrari, obschon Grossgeräte bis zu 3 Tesla erzielen, was dem 60‘000-fachen der Erdanziehungskraft entspricht. Doch die schwächere Leistung und die entsprechend schwächere Qualität werden dadurch kompensiert, dass das Pferd während der Untersuchung stehen kann und dafür bloss sediert werden muss. Beim Grossgerät muss das Pferd betäubt und liegend untersucht werden. „Verständlicherweise sträuben sich viele Pferdebesitzer dagegen“, sagt Anton Fürst und ergänzt mit einem Schmunzeln im Gesicht: „Bei der Stärke des Grossgerätes ist man gut beraten, dem Pferd vor der Untersuchung die Eisen abzunehmen.“
Durch die mehrdimensionale Bildgebung des MRI lassen sich Weichteilstrukturen von unterschiedlichster Seite betrachten und beurteilen. In den Extremitäten (Huf und Beine), wo zahlreiche Bänder den Bewegungsapparat des Pferdes zusammenhalten, ist das in der Suche nach Ursachen von Problemen ein grosser Vorteil. Bei knöchernen Strukturen indes bleibt die dreidimensionale Computertomographie (CT) die bevorzugte Methode. Sie erstellt die Bilder mittels eines Röntgenverfahrens durch mehrschichte Scans. Das dauert bloss wenige Sekunden, doch hierfür muss das Pferd häufig in Vollnarkose versetzt werden, weil es am Kran meist in Rücklage in den Apparat gehievt wird. Die Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich geht allerdings neue Wege. Ein Team um Felix Theiss ist daran, im Rahmen eines von der Stiftung Pro Pferd unterstützen Projektes einen an die lokalen Gegebenheiten und die speziellen Anforderungen angepassten Untersuchungsstand zu entwerfen und zu konstruieren. "So haben wir heute die Möglichkeit, die CT-Untersuchung von Erkrankungen im Bereich des Kopfes und der oberen Halswirbelsäule am stehenden, nur sedierten Pferd durchzuführen", sagt Anton Fürst. Dadurch entfallen die Risiken einer Vollnarkose und der darauffolgenden Aufstehphase.
Die moderne Diagnostik mittels MRI oder CT bietet also weit bessere Möglichkeiten wie das die zweidimensionalen Techniken des Röntgen oder des Ultraschalls tun. Die ganze Technik kann das Wissen, die Erfahrung und das Gespür einer Veterinärin oder eines Veterinärs aber nicht ersetzen. „Am Anfang jeder Untersuchung steht eine klinische Untersuchung“, hält Anton Fürst entsprechend unmissverständlich fest. Denn mit seinen eigenen Sinnen muss er als Tierarzt ertasten und erfühlen, wo das Problem beim vorgestellten Patienten Pferd liegt. Und erst wenn dieses lokalisiert ist, kann die Vielzahl der technischen Möglichkeiten den Horizont weiten. Damit das Pferd dank modernster Diagnostik von der effizientesten Therapie profitiert.
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