Wir lassen kein Pferd im Regen stehen
- Pro Pferd
- 12. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Spannendes und lehrreiches Webinar zum Thema Es staubt im Stall

Ein Pferd im Regen: Ein passenderes Bild hätte Prof. Dr. med. vet., FTA Pferde, Dipl. ECEIM Conny Herholz zum Abschluss des Webinars von gestern Mittwoch 11. Juni 2025 nicht zeigen können. Denn damit fasste die Dozentin für Pferdewissenschaften die Essenz der gemeinsamen Veranstaltung von Stiftung Pro Pferd, Equiforum der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (BFH-HAFL) sowie ISME Bern und Avenches anschaulich zusammen. Nach den interessanten Ausführungen zum Thema Es staubt im Stall lässt im übertragenen Sinne niemand mehr sein Pferd allein im Regen stehen. Weil die Voraussetzungen für ein gutes Stallklima ebenso aufgezeigt wurden wie die Möglichkeiten der Vorbeugung gegen Husten und Equines Asthma. Und anhand von Forschungsresultaten zeigte Herholz auch, dass Regen sehr effektiv die Feinstaubbelastung im Stall markant senken kann.
Conny Herholz führte aus, dass sich Staub aus Aerosolen (Ammoniak, Kohlendioxid), aus Bioaerosolen (Bakterien, Viren, Pilze) und mineralischen Stäuben (Baugrube) zusammensetzt. Staub ist also nicht einfach Staub, was die Beurteilung des Stallklimas zu einer komplexen und von zahlreichen Faktoren beeinflussten Sache macht. So können Lüftungsanlagen das Klima vor allem in alten Gebäuden mit niedrigen Decken oder schlechter Luftzirkulation verbessern. Als sehr wirksam zeigte sich in einem Versuch ein Schlauchventilator, weil dieser frische Luft in den Stall pumpte. Und digitale Monitoringsysteme ermöglichen Klimawerte in Ställen sichtbar und bewertbar zu machen, was zusammen mit geeigneter Einstreu, staubarmer Fütterung, guter Stallbelüftung und richtigem Management wesentlich zum Tier- und Menschenwohl beitragen kann. Wie Sonia Holzer, Bsc. Agronomie, Vertiefung Pferdewissenschaften, in ihren Ausführungen unter dem Titel Einfluss von Belüftungssystemen auf das Stallklima ausführte, reicht die natürliche Belüftung eines Stalles nicht immer aus, um ein optimales Klima zu gewährleisten. In der vorgestellten Studie wurden in einem Stall mit Innenboxen drei Lüftungssysteme (Deckenventilator, Axialventilator, Schlauchventilator) getestet und mit der natürlichen Belüftung verglichen. Ein wichtiger Kennwert für die Belüftung war dabei das Kohlendioxid (CO2), welches zusammen mit Temperatur, Luftfeuchte und Ammoniak (NH3) aufgezeichnet und mit der Aktivität der Pferde in Beziehung gesetzt wurde.
Jan Kocher, Bsc. Agronomie, Vertiefung Pferdewissenschaften, erläuterte sodann die Resultate einer Untersuchung zu Staub- und Ammoniakemissionen bei acht verschiedenen Einstreumaterialien. Denn in Pferdehaltungen kommt der Staub- und Ammoniakfreisetzung in Bezug auf die Atemwegsgesundheit eine hohe Bedeutung zu. In einem standardisierten Verfahren wurden daher acht verschiedene Einstreumaterialien auf diese Emissionen überprüft. Dabei kam Kocher zum Schluss, dass die Einstreu alleine weder hohe Staubkonzentrationen noch hohe Ammoniakkonzentrationen verhindert. Für gutes Stallklima sind vielmehr Einstreumanagement und Lüftungskonzept entscheidend. Bei gewissen Einstreuarten (Bio-Waldboden) spielt die Einstreumenge mit Blick auf die Ammoniakbildung eine entscheidende Rolle. Und durch das Bewegen der Einstreu wird eine hohe Staubkonzentration verursacht. Bis sich dieser Staub wieder absetzt, können ohne Luftbewegung über 20 Minuten vergehen. Zur Luftqualität in Pferdeställen zeigte Conny Herholz überdies eine Analyse luftgetragener Partikel in Abhängigkeit von der Einstreu. Entscheidend in Bezug auf das Equine Asthma ist besonders, ob es sich beim Staub im Stall um mineralische oder organische Stäube handelt. Es wurden vier Einstreusysteme (Tiefstrohmatratze, täglich gewechseltes Stroh, entstaubtes Weichholzgranulat und Biokompost) hinsichtlich der Menge luftgetragener Partikel und der mikrobiologischen Luftqualität (Bakterien und Schimmelpilze) verglichen. "Die Temperatur und das Management von Einstreu und Stall haben einen starken Einfluss auf Staub und Luftkeimzahl", resümierte Herholz zur Vorbeugung gegen Staub im Stall und wies darauf hin, dass eine niedrige Staubkonzentration nicht automatisch bedeutet, dass es keine problematischen Keime im der Luft gibt.
Eröffnet wurde das von Patrick Zurbuchen, Geschäftsführer Stiftung Pro Pferd, moderierte Webinar mit der Erkennung von Husten und den Ausführungen von med. vet. Giulia Belloni, Doktorandin am ISME Avenches, Uni Bern. Sie zeigte auf, wie die Künstliche Intelligenz KI bei der Erkennung von Husten bei Pferden mit Asthma behilflich sein kann. Denn in frühen Stadien einer Erkrankung bleibt Husten oft unbemerkt, da er lediglich während körperlicher Belastung auftreten kann - oder in der Nacht, wenn das Pferd unbeobachtet im Stall steht. Hier kann der KI-gestützte Hustendetektor helfen, der am ISME entwickelt wird. Er soll Husten automatisch über längere Zeit analysieren, um ein besseres Monitoring für betroffene Pferde zu ermöglichen. Auch erklärte Belloni, wie Husten entsteht (Pathogenese). Sind die Atemwege beispielsweise durch Staub gereizt, werden Hustenrezeptoren aktiviert. Hustenrezeptoren sind mikroskopische kleine und sensible Nervenenden in der Schleimhaut, die sich vor allem im Kehlkopfbereich und in den Stammbronchien befinden. Husten ist also ein Abwehrreflex auf einen Reiz in den Luftwegen, wobei bei chronischem Husten Equines Asthma die häufigste Ursache ist.
Begleitend zu den Referaten beantworteten Conny Herholz und Prof. Dr. med. vet. Vinzenz Gerber, PhD, Dipl. ACVIM, Dipl. ECEIM, FVH, der Geschäftsführende Direktor und Leiter Innere Medizin des ISME Bern und Avenches, Fragen der Webinarteilnehmerinnen im Chat. So führte Gerber aus, dass aufgrund von Studien und klinischen Erfahrungen in der Schweiz über 50% der Pferde leicht- bis mittelgradig an Equinem Asthma erkrankt sind. Kein Wunder also, wollen viele Pferdebesitzerinnen und Pferdebesitzer ihre Pferde zum Training der KI zur Verfügung stellen. Und so stiessen auch die Haltungsempfehlungen bei equinem Asthma auf grosses Interesse, die med. vet. Lea Stucki präsentierte, Doktorandin und FVH Assistentin am ISME Avenches, Uni Bern. Dafür wird am ISME ein Protokoll zur Evaluation der Haltungsbedingungen entwickelt und es wird untersucht, welche Empfehlungen Pferdebesitzerinnen umsetzen können und wo die Schwierigkeiten liegen - beispielsweise in der Kommunikation zwischen Besitzerinnen und Tierärzten, beim finanziellen und zeitlichen Aufwand, bei der Umsetzung in Pensionsställen und Gruppenhaltungen. Als Take Home Message gab Lea Stucki mit, dass Heu und Stroh ein erhöhter Risikofaktor sind und deshalb höchste Priorität bei einer Haltungsanpassung spielen müssen. Und weil viele Einflussfaktoren eine Rolle spielen, gibt es kein "Schwarz/Weiss", sind Verbesserungen nach einer Haltungsanpassung nicht sofort zu erwarten. Das kann Wochen bis Monate dauern.
Noch vier Monate dauert es bis zur nächsten Fortbildung von Pro Pferd. Am Samstag 25. Oktober 2025 findet an der Vetsuisse Fakultät in Zürich das traditionelle Herbstseminar statt.
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